Winter und Weihnachten

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theater89 – Arbeitsgemeinschaft Städte mit historischen Stadtkernen des Landes Brandenburg

Wintertour 2025

Winter und Weihnachten
Lieder, Gedichte und Szenen sowie Passagen aus den Erzählungen BERGKRISTALL und DER HEILIGE ABEND von Adalbert Stifter

Es spielen, lesen und singen Schauspielerinnen und Schauspieler von theater 89.

Neben bekannten und unbekannten Texten und Liedern werden Ausschnitte aus zwei Geschichten von Adalbert Stifter (* 1805) geboten. “Konrad und Sanna verirren sich im Eis” könnten sie auch heißen. Die Geschwister besuchen Heiligabend ihre Großeltern hinterm Berg. Auf dem Rückweg beginnt es zu schneien …
In kargen Verhältnissen wächst Stifter im Böhmerwald auf, bevor er nach Wien übersiedelt, wo er zwischen bürgerlicher Berufstätigkeit und seinem künstlerischen Schaffen als Maler und Schriftsteller schwankt. Zeitweilig als Novellist sehr erfolgreich, stürzt er nach vernichtenden Kritiken in tiefe Krisen. DER HEILIGE ABEND erscheint 1845, die Buchausgabe der Erzählung BERGKRISTALL mit einer Illustration von Ludwig Richter 1853. Gesundheitlich angeschlagen, nimmt Stifter sich im Januar 1868 das Leben. Die ethische Kraft des »sanften Gesetzes« im Wechselspiel von Höhen und Tiefen der Natur und des Menschen ist sein zentrales Motiv. Seine detailgetreuen Erzählungen gehören zu den Hauptwerken des Realismus.

Im Sommer 1845 unternahm Stifter mit seinem Freund Simony eine Exkursion ins Salzkammergut. Diese Tage hat Simony ein Vierteljahrhundert später in einem Brief geschildert. Während Simony bei einem gemeinsamen Spaziergang von einer winterlichen Besteigung des Dachsteins und des Kralsgletschers erzählte, kam es zu einer sonderbaren Begegnung, denn “im nächsten Augenblicke tauchte ein pausbäckiges, freundlich blickendes Kinderpaar, mit riesigen Filzhüten auf den kleinen Köpfen und mit regendurchtränkten Grastüchern über dem Rücken, hinter den Steinblöcken hervor, uns Erdbeeren zum Kaufe anbietend. Stifter ging auch alsogleich auf den Handel ein, mit dem Bedeuten, dass die Kinder sich mit uns unter den nahen Bretterschoppen verfügen, die Erdbeeren selbst essen und uns erzählen sollen, von wo sie kämen und wo sie während des Wetters gewesen seien. Sie waren am Morgen nach der Wiesalpe gegangen, um dem ‘Ähndl’ (Großvater) von der Mutter ‘Kost’ zu bringen, dann sammelten sie Erdbeeren im Holzschlag am Ursprungskogel, wie aber das Wetter gar so ‘garstig gethan’ habe, seien sie hinter einen ‘Palfen’ (überhängenden Fels) gekrochen, bis es nicht mehr donnerte, und ‘jetzt sind wir da’ …” Stifter war von der kindlichen Naivität fasziniert, und über Nacht begann seine Phantasie zu arbeiten. … Die Erzählungen DER HEILIGE ABEND und BERGKRISTALL eröffnen eine Reihe von großen Schnee- und Winterschilderungen, in denen das Bild der kalten Eiswüste zum Bild der verlorenen Menschen in einer zutiefst fremden Natur wird.  

Vignette zu „Bergkristall“ nach Zeichnungen von Ludwig Richter, Erstausgabe der Bayerischen Staatsbibliothek

Quelle: Adalbert Stifter: Sämtliche Erzählungen nach den Erstdrucken.- München: dtv, 2019