JUGEND OHNE GOTT | Rezension MAZ

Hier ein Presse-Feedback zu unserer Aufführung in der St. Petrikirche, Luckenwalde:

Nah am Publikum

Das theater 89 führt das Stück JUGEND OHNE GOTT im Gemeindesaal der Petrikirche auf
Von Hartmut F. Reck

Vom Mitläufer zum Außenseiter. Der Lehrer (Aiexander Höchst, l.) verliert seine Stelle, weil er die Wahrheit gesagt hat. FOTO: HARTMUT F. RECK

Luckenwalde. Wozu eine Bühne, wenn das Klassenzimmer der Ort des Geschehens ist? Im vollen Gemeindesaal der Luckenwalder Petrikirche fehlte am Donnerstagabend zwar die Tafel an der Wand, aber ansonsten reichte ein Tisch als Lehrerpult – und die Sitzordnung glich ohnehin einem Frontalunterricht. Vorn steht Alexander Höchst, der als Hauptdarsteller eindrucksvoll den Lehrer in Ödön von Horvaths Stück JUGEND OHNE GOTT spielt. Seine Schauspielerkollegen, sitzen in der letzten Reihe des Saals und treten nur nach vorn, wenn ihre Rolle es erfordert.

Das theater ·8″ führt dieses und andere Stücke in Schulen, in Kirchen und in Workshops auf, also nah am Publikum und oft auch nah am Geist der Zeit. Zwar geht es in dem Roman des österreichisch-ungarischen Schriftstellers Ödön von Horvath um den Zeitgeist der 1930er Jahre im damaligen Deutschland, was aber mitunter auffällig aktuell wirkt.

Der junge Lehrer verzweifelt an dem verrohten und menschenverachtenden Zeitgeist, der sich natürlich auch in seinen Schülern widerspiegelt. Zwar verzichtet er darauf, einem Schüler die Behauptung „Alle Neger sind hinterlistig, feig und faul” in einem Aufsatz anzukreiden, weil es ja nur das wiedergibt, was man ständig im Radio hört, aber bei der Rückgabe der Aufsätze sagt er ihm deutlich die Meinung, dass .Neger” genauso Menschen sind wie alle anderen.

Das hat sofort zur Folge, dass sich der Vater beim Direktor beschwert und die Schüler die Absetzung des von ihnen seitdem als „Neger“ verhöhnten Lehrers fordern. Das kann zwar noch verhindert werden, aber die folgenden Ereignisse, die zum Tod eines Schülers führen, woran ein Fehlverhalten des Lehrers nicht ganz unschuldig ist, bringen ihn in einen Gewissenskonflikt.

Daraus kann er sich als vom Glauben abgefallener Weltkriegsteilnehmer nur durch das Bekenntnis zur Wahrheit, also zu seinem Fehlverhalten, befreien. Damit findet er wieder zu Gott und beendet zugleich sein bisheriges Mitläuferturn.

Seine Stellung als Lehrer verliert er zwar, aber er kommt mit sich selber ins Reine, die Wahrheit kommt ans Licht und der tatsächliche Täter, der bisher nicht im Verdacht stand, wird enttarnt. Und der katholische Priester, mit dem sich der Lehrer bisher gedanklich austauschen konnte, besorgt ihm eine Stelle an einer Missionsschule in Afrika, was ihn zum selbstironischen Schlusssatz verleitet: .Der Neger fährt zu den Negern.•